Natürlich geht es am Ende immer darum, was man aus einer Diagnose bzw. dem gewonnen Wissen macht. Für mich war klar: Ich möchte meine Nebenniere wieder stärken und aus der Situation der Nebennierenschwäche rauskommen. Zurück zur Tina, die mit Belastung gut zurecht kommt und nicht als "Patient" ihr Leben bestreiten musst.
Da wir nur das Wochenende zur Verfügung hatten, saßen wir am Sonntag Abend bereits wieder im Auto und waren am Heimweg. Ehrlich gesagt war ich unfassbar froh darüber, wieder nach Hause zu kommen. Ich nahm mir vor, alle Termine für die kommende Woche zu verschieben und mir die gesamte Woche Ruhe zu geben. Ich verbrachte einen gesamten Tag alleine in meinem Lieblings Wellness Hotel Holzleiten. Ohne Buch, ohne Musik und natürlich auch ohne Smartphone und Laptop. Vielleicht auch deshalb, um die tatsächliche Erschöpfung erst richtig wahr nehmen zu können. Meine Nebennierenschwäche zu erkennen war das eine - den richtigen Umgang für meine Nebennierenschwäche zu finden, war das andere. Aber ich war bereit und begann zu erkennen, dass ich nicht nur meine Ernährung und mein Training ändern musste. Um meine Nebenniere zu stärken und körperlich wieder gesund zu werden, musste ich den Blick auch auf andere Lebensbereiche werfen.
Ich liebe es zu lesen und kann am Besten abschalten, wenn ich mir Zeit für Bücher nehme. Deshalb gestaltete ich den Rest meiner Woche mit dem Besuch in den unterschiedlichsten Buchhandlungen und deckte mich mit Fachbüchern zu den Themen Nebenniere, Nebennierenschwäche, Cortisol, Übertraining, Stress, Burn-out, Erschöpfung, usw. ein.
Was die darauffolgenden Wochen passierte, könnt ihr euch bestimmt vorstellen. Ich verbrachte jede freie Minute damit, alles über meine "Diagnose" Nebennierenschwäche zu erfahren. Ich wollte die Ursache meiner Erschöpfung kennen und studierte jedes Symptom so gut es in meinem Erschöpfungszustand eben klappte.
Bevor ich jedoch die Kraft hatte, mich mit meinen Symptomen und der Behandlung auseinander zu setzen, musste ich einiges an Schlaf nachholen. Ich habe mich bewusst gegen eine Therapie entschieden und wollte meine Anzeichen, meine Beschwerden, die immer wieder kehrende Depression und meine Situation selbst in die Hand nehmen. Natürlich - ohne synthetische Medikamente. Die Entscheidung mein Nebennieren-Schwäche erstmal selbst in die Hand zu nehmen brachte selbstverständlich einige große Veränderungen mit sich. Meine Trainingseinheiten wurden nicht nur kürzer. Ich habe die Intensität immer mehr und mehr nach unten geschraubt bis ich über 3 Monate gar keinen Sport gemacht habe. Für mich, als Personal Trainerin und Sportler natürlich eine riesengroße Herausforderung. Aber durch meine chronisch Müdigkeit und meine niedrige Leistungsfähigkeit wusste ich, dass mein Körper dringend eine Auszeit brauchte. Das Herzrasen, das ich meist vor dem Einschlafen hatte, hat sich zwar noch nicht in Luft aufgelöst aber ich spürte, dass die niedrigere Belastung besser zu meinem Körper passte. Je ruhiger es um mich herum wurde und je weniger Stress ich mir im Training machte, desto besser ging es mir körperlich.
Die innere Unruhe wurde besser, da ich permanenten Cortisol Anstiege durch das Training vermeiden konnte. Unsere Nebenniere hat die Aufgabe Adrenalin und Cortisol zu produzieren. Diese beiden Hormone müssen über unsere Leber und über unseren Darm wieder abgebaut werden. Wenn Leber und Darm jedoch geschwächt sind, kann das eine große Herausforderung für unseren Körper und unseren Hormon Haushalt werden.
Aber nicht nur mein Training musste ich stark verändern und habe von Krafttraining mit einer hohen Intensität zu Yoga gewechselt. Körperlich ging es mir dadurch etwas besser. Noch lange war ich aber nicht dort angekommen, wo ich hinwollte. Woche für Woche las ich mehr zu den Themen Nebennierenschwäche, Nebenniere, Stress, Übertraining, Erschöpfung vermeiden, Regeneration usw.
Durch das sanfte Training und die geringere Belastung konnte ich Situationen des Übertraining vermeiden und bessere Phasen der Regeneration einbauen. Ich habe meine gesamte Ernährung umgestellt und habe mich von Koffein und Alkohol verabschiedet was anfangs schwer vorstellbar war. Meinen Kaffee nach dem Aufstehen weg zu lassen, war eine große Herausforderung. Je mehr ich mir Zeit nahm, desto besser nahm ich war, wie erschöpft ich nach jeder Tasse Kaffee war. Mein Körper wurde innerlich sehr unruhig. Mein Puls stieg an und und plötzlich spürte ich, dass ich sogar am Schreibtisch Herzrasen bekam. Jegliche Stressfaktoren wollte ich vermeiden und da Koffein die Ausschüttung von Cortisol begünstigt war auch hier klar, dass ich auf Kaffee verzichten werden.
Meine Situation verbesserte sich von Woche zu Woche. Nach ca. einem halben Jahr habe ich wieder damit begonnen, morgens laufen zu gehen. Die innerliche Unruhe mehrere Tage danach war jedoch immer noch da. Ein typisches Symptom bei einer schwachen Nebenniere. Früher dachte ich, dass ich meinen Körper noch mehr bewegen und häufiger ins Training gehen muss. Nach intensiver Ursachen - Recherche wusste ich nun, dass das Symptom der inneren Unruhe durch die hohe Intensität im Training entstehen konnte. Ich wollte auf meinen Körper hören und ihm Zeit geben. Natürlich ist Bewegung wichtig. Durch Bewegung kann unser Körper sogar das Stresshormon Cortisol abbauen. Außerdem sorgt Bewegung für eine gesunde Verdauung und dafür, dass wir besser gelaunt sind.
Aber zwischen Bewegung und Training liegt eine große Distanz. Training bedeutet, den Körper mehr und mehr neuen Reizen auszusetzen. Höheres Gewicht beim Krafttraining, schnellere Geschwindikeit beim Laufen, höhere Distanzen beim Radfahren. Das wäre nur ein kleiner Einblick in die Möglichkeiten, wie körperlich leistungssteigerndes Training aussehen kann.
Sich täglich sanft zu bewegen ist bei einer Nebennierenschwäche deutlich sinnvoller als hartes Training.
Besonders wenn wir schon das Übertraining Symptom wahrnehmen. Ich hatte jedoch noch immer nicht das Gefühl, dass ich aus meinem Zustand der Erschöpfung rausgekommen bin und warf nun einen genaueren Blick auf meine Nährstoffversorgung und meine Vitamine.
Ich vereinbarte einen Termin bei meiner Hausärztin und wollte ein großes Blutbild machen lassen. Sie meinte sogar, dass die Summe meiner Symptome und mein Cortisol-Tagesprofil auf ein Burn-out-Syndrom hindeuteten. Als langjähriger Patient schmunzelte ich und sagte ihr nur, dass ich mit der Diagnose "schwache Nebenniere" besser zurecht komme. Sie schmunzelte ebenfalls und gab mir das Gefühl, dass meine Entscheidung okay sei.
Nach der Blutabnahme musste ich ungefähr 14 Tage warten bis erfuhr, in welchem Überlebensmodus mein Körper war. Die Ursache meiner Erschöpfung lag somit auch an einem starken Nährstoffmangel. Es kann jedoch auch sein, dass Stress und Übertraining zu einem so starken Nährstoffmangel geführt haben. Wenn ich also aus meinem Stress - Leben und der Situation der geistigen Erschöpfung rauskommen wollte, musste ich - neben ausreichend Schlaf, intensives Training zu minimieren und einer ausgewogene Ernährung - meine Nährstoffe auffüllen.